Kampfmauern und Risikokapital
Freiburg im Breisgau, wir schreiben das Jahr 1989. Bereits zehn Jahre Häuser- und Mietkampfgeschichte liegen hinter uns. Davon fünf Jahre wechselhafte Auseinandersetzungen um den Erhalt der ehemaligen Grether’schen Fabrik. Die befindet sich in Freiburgs einzigem offiziellen Sanierungsgebiet, auf 5.200 m2 städtebaulichem Filetgrundstück direkt am Bahnhof und am Rand der Innenstadt. Der Gemeinderatsbeschluss von 1983, ein kleines Wunder, beendet vorläufig die jahrelange Androhung der Zwangsräumung durch die Grundstückseigentümerin. Es folgen fünf Jahre „Kampfmauern“: Die Grether-Baukooperative verbaut rund 500.000 DM Baukredite und viel unbezahlte Eigenleistung in die ehemalige Maschinenhalle (heute „Grether West“), in ein Gebäude, das ihr nicht gehört. Diese 500.000 DM echtes „Risikokapital“ stammen von solidarischen DirektkreditgeberInnen.
Unerwünschte Investoren
Das Haus gehört seit 1983 der Stadt Freiburg, deren Verwaltung beharrlich alles dransetzt, die in ihren Augen unerwünschten Investoren doch noch an die Luft zu hebeln – trotz anderslautenden Gemeinderatsbeschlüssen und parallelen Kaufverhandlungen. Es wird weiter gebaut. Die Grether-Pioniere ziehen in die ersten Wohnungen. Das damals illegale erste Freie Radio Dreyeckland findet eine halbwegs sichere Heimstatt. Die Riesen-Razzien mit Sendersuche bringen verstärkte Aufmerksamkeit. Das Strandcafé entwickelt sich zum Szenetreff und wird von den Behörden als illegale Gaststätte taxiert. 1986 schließlich tritt der Regierungspräsident persönlich auf den Plan und verlangt in einem detaillierten Maßnahmenkatalog von der Stadt, dem radikalen Treiben ein Ende und die Baukooperative an die Luft zu setzen.
Noch mal gut gegangen
Der Präsident scheitert. Die Geschichte endet gut. Die Vertreter der Stadt Freiburg und der Grether-Baukooperative unterschreiben Ende 1987 beim Notar einen ganz passablen Vertrag über ein Erbbaurecht inklusive Gebäudekauf, mit einer unvorstellbar langen Laufzeit bis zum 31.12.2062. Und es werden die langgeforderten Fördermittel für sozialen Wohnungsbau zugeteilt. Die Grethers bauen weiter. Doch die letzten Raten der Fördermittel sind noch nicht abgerufen, da taucht ein neues Ungeheuer am alternativen Horizont auf. Es ist nicht die Polizeidirektion, nicht die Handwerkskammer, nicht Bauordnungsamt, CDU-Fraktion oder Bankenaufsicht. Es ist das „Schwarze Loch“.