Seume14 GmbH
Gründung: | 2016 |
Kauf: | 14.10.2016 |
Grundstück: | 682 m² |
Gewerbefläche: | 54 m² |
Wohnfläche: | 1.681 m² |
Personen: | 40 |
Kosten: | 2.600.000 € |
Miete: | 7,12 €/m² |
Die Gentrifizierung ging mitten durch unser Haus: Altmieter*innen in unsanierten Wohnungen wohnten Tür an Tür mit neuen Mieter*innen in überteuerten, frisch sanierten Wohnungen. Nur wenig Kontakt hatten wir untereinander – zu unterschiedlich waren unsere Lebenswelten. Doch dann erfuhren wir im Frühjahr 2016, dass unser Haus – gelegen in einem beliebten Touriviertel in der Nähe vom Boxi in Berlin-Friedrichshain – verkauft und zum Renditeobjekt werden sollte. Die Sorge darum, dass wir alle unser Zuhause verlieren könnten, hat große Solidarität untereinander freigesetzt. Denn in unserer Gegend werden Wohnungen immer seltener als Orte angesehen, die Menschen ein Zuhause geben, sondern als Wertanlagen, in denen Mieter*innen, die im ständigen Preiskampf um Wohnraum nicht mithalten können, nur stören.
Die gezielte Entmietung ganzer Wohnblöcke, die im Anschluss luxussaniert neu vermietet werden, und die Verdrängung einkommensschwacher Schichten sind die Folge. Und so konkurrieren verarmte Ossi-Rentner*innen mit prekarisierten Selbstständigen, Hartz-IV-Beziehende mit Alleinerziehenden um die letzten Räume hier in der Gegend, die noch bezahlbar für sie sind. Aber wir wollten uns nicht gegeneinander ausspielen lassen und entschieden uns für den Schritt in die Selbstverwaltung. Wir begaben uns in die Verkaufsverhandlung, bauten politischen Druck auf und schnappten dem Investor unser Haus im allerletzten Moment vor der Nase weg und schlossen uns dem Mietshäuser Syndikat an.
Der Prozess des Hauskaufs und die Erfahrungen des Aufbaus einer Hausgemeinschaft als Sozialgefüge waren und sind oft nervenaufreibend für alle Beteiligten in einer so gemischten Gruppe, doch wir lernen voneinander und miteinander: unser ältester Bewohner, der vor über 75 Jahren in der Seumestraße 14 geboren wurde, genau so wie die Eltern unserer jüngsten Bewohnerin, die erst wenige Monate alt ist.
So unterschiedlich unsere Lebensentwürfe auch sind, war fast allen schnell klar, dass das gemeinsame Streiten, Gestalten und Zusammenhalten für uns die einzige realistische Antwort auf den immer brutaler werdenden Wohnungsmarkt ist. Und so sitzen Nachbar*innen, die sich wenige Monate vor dem Hauskauf noch nicht einmal kannten, beisammen und überlegen, wie sie solidarisch ihre Mieten verteilen, frei werdende Wohnungen nach sozialen Kriterien vermieten, sich im Alltag unterstützen können und lernen dabei ihre Geschichten kennen.
Inzwischen organisieren wir uns mit weiteren betroffenen Mietshäusern in der Nachbarschaft, beraten Vorkaufshäuser, organisieren stadtpolitische Straßenfeste und kämpfen über die Seume14 hinaus gegen die Kapitalverwertung auf dem Immobilienmarkt.